Marktzinsmethode: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Markierungen: Mobile Bearbeitung Mobile Web-Bearbeitung
 
(9 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
''von Clemens Werkmeister''
<html><img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/361f120da6d546568670f9bd2b5ffeef" width="1" height="1" alt=""></html>
== Bewertungsprobleme durch mehrperiodige Finanzierungsalternativen ==
== Bewertungsprobleme durch mehrperiodige Finanzierungsalternativen ==


Zeile 7: Zeile 11:
* Einperiodige Geschäfte können für das laufende Jahr abgeschlossen werden. Ihre Verfügbarkeit und Konditionen in späteren Jahren können nur prognostiziert werden.  
* Einperiodige Geschäfte können für das laufende Jahr abgeschlossen werden. Ihre Verfügbarkeit und Konditionen in späteren Jahren können nur prognostiziert werden.  
   
   
Aus diesen Gründen ist eine Projektbewertung von Interesse, die ein Projekt an denjenigen, ein- oder mehrperiodigen Alternativen misst, die zum Entscheidungszeitpunkt über das Projekt zur Verfügung stehen. Ein solches Konzept ist von Schierenbeck und Rolfes unter dem Namen '''Marktzinsmethode''' ursprünglich für den Bankbereich entwickelt worden, um den '''Strukturbeitrag''' zu bestimmen. Dieser ergibt sich aus der Fristentransformation der Finanzinstitute, die vorwiegend kurzfristige, niedrig verzinsliche Einlagen entgegennehmen und längerfristige, höher verzinsliche Kredite gewähren. Er ist vom '''Konditionenbeitrag''' zu unterscheiden, der sich aus den unterschiedlichen Soll- und Habenzinsen für Geschäfte gleicher Laufzeit ergibt.
Aus diesen Gründen ist eine Projektbewertung von Interesse, die ein Projekt an denjenigen, ein- oder mehrperiodigen Alternativen misst, die zum Entscheidungszeitpunkt über das Projekt zur Verfügung stehen. Ein solches Konzept ist von Schierenbeck und Rolfes unter dem Namen '''Marktzinsmethode''' ursprünglich für den Bankbereich entwickelt worden, um den '''Strukturbeitrag''' zu bestimmen. Dieser ergibt sich aus der Fristentransformation der Finanzinstitute, die vorwiegend kurzfristige, niedrig verzinsliche Einlagen entgegennehmen und längerfristige, höher verzinsliche Kredite gewähren. Er wird daher auch als '''Fristentransformationserfolg''' bezeichnet. Er ist vom '''Konditionenbeitrag''' zu unterscheiden, der sich aus den unterschiedlichen Soll- und Habenzinsen für Geschäfte gleicher Laufzeit ergibt.




Zeile 15: Zeile 19:
Voraussetzung für die '''Reproduzierbarkeit der Zahlungsüberschüsse''' ist die Vollständigkeit des [[Kapitalmarkt]]s: Jedes Projektjahr muss durch die Zahlungen mindestens eines Finanzprojekts angesteuert werden können. Falls mehrere Finanzprojekte sich auf ein Jahr beziehen, ist das günstigste festzulegen.  
Voraussetzung für die '''Reproduzierbarkeit der Zahlungsüberschüsse''' ist die Vollständigkeit des [[Kapitalmarkt]]s: Jedes Projektjahr muss durch die Zahlungen mindestens eines Finanzprojekts angesteuert werden können. Falls mehrere Finanzprojekte sich auf ein Jahr beziehen, ist das günstigste festzulegen.  


Die Grundform der Marktzinsmethode unterstellt sogenannte '''Standardfinanzgeschäfte''' in normierter Höhe für jede Laufzeit: Sie bestehen aus einer Auszahlung von 1 in Jahr 0, einer festen jährlichen Zinszahlung und der Rückzahlung zum Ende der Laufzeit.  
Die Grundform der Marktzinsmethode unterstellt sogenannte '''Standardfinanzgeschäfte''' in normierter Höhe für jede Laufzeit: Sie bestehen aus einer Auszahlung von 1 in Jahr 0, einer festen jährlichen Zinszahlung und der Rückzahlung zum Ende der Laufzeit. Die Kokmbination der für eine bestimmte Situation relevanten Standardfinanzgeschäfte und ihres möglichen Umfangs heißt '''Standardfinanzierung'''.


Die folgende Tabelle zeigt ein Beispiel für die Zahlungsstrukturen von Standardfinanzgeschäften bis zu drei Jahren Laufzeit:
Die folgende Tabelle zeigt ein Beispiel für die Zahlungsstrukturen von Standardfinanzgeschäften bis zu drei Jahren Laufzeit:




Zeile 41: Zeile 44:
Mit solchen Standardfinanzgeschäften lassen sich die Zahlungsüberschüsse eines Projekts in allen Jahren seiner Laufzeit offensichtlich rekonstruieren. Allerdings verursachen die Finanzgeschäfte ihrerseits wieder Zinswirkungen, die ebenfalls auszugleichen sind.  
Mit solchen Standardfinanzgeschäften lassen sich die Zahlungsüberschüsse eines Projekts in allen Jahren seiner Laufzeit offensichtlich rekonstruieren. Allerdings verursachen die Finanzgeschäfte ihrerseits wieder Zinswirkungen, die ebenfalls auszugleichen sind.  
Wegen der Struktur der Ausgleichsprojekte empfiehlt sich eine '''retrograde Vorgehensweise,''' nach der sukzessive die Überschüsse des letzten Laufzeitjahrs, dann des vorletzten Laufzeitsjahres usw. ausgeglichen werden, bis schließlich nur noch der Saldo im Entscheidungszeitpunkt verbleibt.  
Wegen der Struktur der Ausgleichsprojekte empfiehlt sich eine '''retrograde Vorgehensweise,''' nach der sukzessive die Überschüsse des letzten Laufzeitjahrs, dann des vorletzten Laufzeitsjahres usw. ausgeglichen werden, bis schließlich nur noch der Saldo im Entscheidungszeitpunkt verbleibt.  


== Ein Rechenbeispiel zur Marktzinsmethode ==
== Ein Rechenbeispiel zur Marktzinsmethode ==
Zeile 49: Zeile 53:
{|align="center" border="1" cellpadding="3" cellspacing="0"
{|align="center" border="1" cellpadding="3" cellspacing="0"
|- align="center"
|- align="center"
| || Investitions-<br>projekt||colspan="3"|Ausgleichsgeschäfte der Laufzeit||Saldo
| || Investitions-<br>projekt||colspan="3"|Ausgleichsgeschäfte||Saldo
|- align="center"
|- align="center"
| || ||3 Jahre ||2 Jahre ||1 Jahr||   
|Laufzeit|| ||3 Jahre ||2 Jahre ||1 Jahr||   
|- align="center"
|- align="center"
|Zinssatz|| ||8 % ||5 % ||4 % ||  
|Zinssatz|| ||8 % ||5 % ||4 % ||  
Zeile 70: Zeile 74:




== Verallgemeinerung der Vorgehensweise der Marktzinsmethode ==
== Kapitalwertberechnung auf Basis von Zerobond-Abzinsfaktoren ==
 
 
Gemäß dem obigen Rechenbeispiel lassen sich die speziellen Zahlungen einzelner Projekte bewerten. Für eine generelle Bewertung sind jedoch Bewertungsfaktoren für normierte Zahlungen wünschenswert. Dies erfolgt nach dem gleichen Rechenschema zur Rekonstruktion einer isolierten Zahlung von 1000 € in Jahr 3:
 
 
{|align="center" border="1" cellpadding="3" cellspacing="0"
|- align="center"
| || normierte<br>Zahlung||colspan="3"|Ausgleichsgeschäfte||Saldo
|- align="center"
|Laufzeit|| ||3 Jahre ||2 Jahre ||1 Jahr|| 
|- align="center"
|Zinssatz|| ||8 % ||5 % ||4 % ||
|- align="center"
|0||0||925,93||-70,55||-67,83||787,55
|- align="center"
|1||0||-74,07||3,53||70,55||0
|- align="center"
|2||0||-74,07||74,07|| ||0
|- align="center"
|3||1.000||-1.000|| || ||0
|}
 
 
Die Tabelle zeigt, dass sich mit passenden laufzeitverschiedenen Finanzgeschäften im Gesamtvolumen von 787,55 € in Jahr 0 eine Zahlung von 1.000 € in Jahr 3 erzeugen lässt, wobei sich alle zwischenzeitlichen Zins- und Tilgungszahlungen gerade ausgleichen. Eine Zahlung von 1.000 € in Jahr 3 ist damit äquivalent zu einer Zahlung von 787,55 € in Jahr 0. Dies erlaubt es generell, Zahlungen in Jahr 3 isoliert mit dem Faktor 787,55/1000 = 0,78755 zu bewerten. Dieser Faktor wird wegen der Analogie der Zahlungsstroms zu einem [[Zerobond]] als '''Zerobond-Abzinsfaktor''' bezeichnet. Für Normzahlungen in anderen Jahren wird er entsprechend berechnet:
 
 
{|align="center" border="1" cellpadding="3" cellspacing="0"
|- align="center"
| || normierte<br>Zahlung||colspan="2"|Ausgleichsgeschäfte||Saldo|| || || normierte<br>Zahlung||Ausgleichs-<br>geschäft||Saldo
|- align="center"
|Laufzeit|| ||2 Jahre ||1 Jahr|| || || || || 1 Jahr ||
|- align="center"
|Zinssatz|| ||5 % ||4 % || || ||Zinssatz|| ||4 %||
|- align="center"
|0||0||952,38||-45,79||906,59|| ||0||0||961,54||961,54
|- align="center"
|1||0||-47,62||47,62||0|| ||1||1.000||-1.000||0
|- align="center"
|2||1.000||-1.000|| ||0|| || || || ||
|}
 
 
Daraus erhält man die Zerobond-Abzinsfaktoren 0,90659 für Zahlungen des Jahres 2 sowie 0,96154 für Zahlungen des Jahres 1. Das obige Beispielprojekt lässt sich wie folgt bewerten:
 
 
{|align="center" border="1" cellpadding="3" cellspacing="0"
|- align="center"
|Jahr||Einnahmen-<br>überschuss||Zerobond-<br>abzinsfaktor||Barwert
|- align="center"
|0||-320.000||1||-320.000
|- align="center"
|1||130.000||0,96154||125.000 
|- align="center"
|2||130.000||0,90659||117.857
|- align="center"
|3||130.000||0,78755||102.381
|- align="center"
|Summe|| || ||25.238
|}
 
 
Der Kapitalwert von 25.238 € entspricht dem Ergebnis der obigen direkten Berechnung und lässt sich aufgrund der vorangegangenen Überlegungen als Wertzuwachs bzw. Entnahmebetrag interpretieren, der durch das Projekt im Vergleich zu seiner Unterlassung entsteht. Anders als ein Kapitalwert klassischer Berechnung ist er jedoch durch laufzeitkongruente Geschäfte gegenfinanziert.
 
== Ergänzungen zur Marktzinsmethode ==
 
* Die Berechnung des '''Fristentransformationserfolgs''' finden Sie im Rahmen der [[Beurteilung der Marktzinsmethode]].
 
* Aus den Zerobond-Abzinsfaktoren für die unterschiedlichen Laufzeiten kann für jedes Jahr ein impliziter [[Terminzinssatz]] hergeleitet werden.
 
* Eine komprimierte Form der Kapitalwertberechnung ermöglicht die [[algebraische Marktzinsmethode]].
 
* Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Marktzinsmethode auf Finanzgeschäfte allgemeiner Struktur (d.h. mit beliebigen Zahlungsreihen) stellt Troßmann (1998) vor.




Zeile 76: Zeile 152:
___<br>
___<br>
siehe auch:<br>
siehe auch:<br>
Troßmann, Ernst: Investition. Stuttgart 1998, Kapitel 4.3<br>
siehe auch:<br>
Troßmann, Ernst: Investition als Führungsentscheidung. 2. Aufl., München 2013, Kapitel 4.3.<br>
Troßmann, Ernst/ Baumeister, Alexander / Werkmeister, Clemens: Fallstudien im Controlling als Führungsfunktion. 23. Aufl., München 20182013.<br>
Schierenbeck, Henner: Das Meß- und Steuerungskonzept der Marktzinsmethode. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft (64) 1994, S. 1417-1452.<br>
Schierenbeck, Henner: Das Meß- und Steuerungskonzept der Marktzinsmethode. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft (64) 1994, S. 1417-1452.<br>
Rolfes, Bernd: Marktzinsorientierte Investitionsrechnung. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft (63) 1993, S. 691-712.
Rolfes, Bernd: Marktzinsorientierte Investitionsrechnung. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft (63) 1993, S. 691-712.
ConfirmedUser, Student, Bürokraten, Administratoren
589

Bearbeitungen

Navigationsmenü